Lange vor Erfindung des Porzellans, dessen Herstellung heute unserer Gegend das Gepräge gibt, herrschte in Arzberg und anderen Orten der näheren und weiteren Umgebung ein reger Töpferbetrieb, veranlaßt durch ergiebige und zu Zwecken plastischer Formung in hohem Grade geeignete Tonlager. Der folgende Hinweis möchte zur weiteren Nachforschung über die Verhältnisse der alten Hafnerkeramik in Arzberg aneifern.
Seit dem 17. Jahrhundert betätigten sich besonders Mitglieder der Familie Stöhr im Töpferhandwerk. Die Stöhr sind seit 1638 in Arzberg nachweisbar. Ein Hafnermeister Georg Stöhr wurde 1668 erster Bürgermeister, was gewiß von seinem Ansehen Zeugnis ablegt. 1719 erscheint im Beerdigungsbuch ein Glied dieser Familie als „Kunsthafner“.
Die Arzberger Stöhr scheinen mit den Stöhr in Regnitzlosau in verwandtschaftlicher Beziehung gestanden zu haben. Jedenfalls haben sich hier wie dort Träger dieses Namens als Hafnerkeramiker hervorgetan (s. Zeh, Zur Hafnerkeramik Oberfrankens im Arch. v. Obfr. 1914, S. 33 f.). Es bestand wahrscheinlich ein innerhalb der Familie gehütetes Fabrikationsgeheimnis.
Von einem ganz besonderen Arzberger Meister hören wir in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Leider kann noch nicht gesagt werden, welcher von den verschiedenen Stöhr, die die Kirchenbücher nennen, dieser Künstler war. Sein Meisterstück, das er 1753 machte, waren „drei überaus künstliche Öfen mit vielen kleinen Figuren — alles bossiert, die hernach auf Regensburg geführt“ wurden. „Er arbeitete das meiste aus freier Hand, ohne Form und so zart, daß es ein anderer nicht abdrucken kann. Seine Söhne wissen aber diese künstliche Arbeit nicht fortzusetzen.“ Da war also jeder Ofen ein nur einmal existierendes Original.
Mehr noch erfahren wir aus dem Reisebuch des Registrators Köppel von 1794, nach dem gegen Ende des 18. Jahrhunderts in der Amtshauptmannschaft Wunsiedel zu Arzberg, Thiersheim, Weißenstadt je 3, zu Kirchenlamitz 6, zu Selb und Wunsiedel je 4, zu Marktleuthen 2 Töpfer arbeiteten, für die kleinen Orte ein unverhältnismäßig große Anzahl.
Köppel erzählt:
„(Stöhr) verfertigt nicht nur gute Haushaltungsgeschirre, sondern auch schöne Vasen, zierliche Blumentöpfe, antike Leuchter, Öfen, die bis nach Frankfurt versendet werden. Was diesen irdenen Arbeiten einen vorzüglichen Wert gibt, das ist ihre schöne, daÜrhafte Goldglanzglasur, mit der sie überzogen sind. Da aber der Meister seine Kunst sehr geheim hält, sie keinem seiner Gesellen mitteilt, sonach sich ganz allein damit abgibt, so kommt es auch, daß er nicht genug fördern kann und bei aller seiner Geschicklichkeit mit seinem Geheimnis arm bleibt. Würde er seine Profession ins Große treiben und fremde Messen beziehen, so dürften seine goldirdenen Töpferarbeiten dem feinsten Porzellan vorgezogen werden und als Seltenheiten außerordentlichen Abgang finden. Er formt auch ganz artige Figuren, unter denen mir die Böhmischen BaÜrn, welche die Stelle der Leuchter vertreten, vor allen übrigen am besten gefallen haben.“
Es wäre schön, wenn uns außer dieser Beschreibung auch nur ein Stück Alt-Arzberger Keramik im Original überliefert worden wäre. In mehreren Arzberger Bürgerhäusern standen bis vor kurzem noch bemalte und mit geformten Aufsätzen versehene Fayence-Öfen aus der Zeit des Rokoko. In dem 1770 erbauten „Heringhaus“ fanden sich nach Aussagen des jetzigen Besitzers allein drei derartige Öfen. Bezeichnenderweise verraten die noch erhaltenen Bruchstücke auffällige Übereinstimmungen mit den Öfen im Schloß Röthenbach, welche sich durch die Verwendung des Schlosses als Flüchtlingsquartier in großer Gefahr befinden (Anm. d. Red.: damals 1950). Was liegt näher, als diese Öfen einer gemeinsamen Arzberger Töpferschule zuzuschreiben. Der Detailforschung darüber bleibt hier ein dankbares Arbeitsfeld vorbehalten. Insbesondere können dabei auch Zusammenhänge mit der Creußener Töpferschule, deren Erzeugnisse längst gesuchte Museumsstücke sind, geklärt werden.
Text: Dr. F. W. Singer, „Sechsämter Land“ Beilage der Sechsämter Neuesten Nachrichten, Jahrgang 1, Nummer 14, 11. November 1950
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