Bereits in der letzten Ausgabe hatten wir dieses Thema mit den ersten vier bekannten Handelsstrassen aufgegriffen und vervollständigen in dieser Ausgabe die Liste.
Eine Erläuterung der bisher im Gelände und im Archiv ermittelten alten Fernwege erfolgt wieder mithilfe der Kartenskizze von Dr. F.W. Singer:
5. Die Fernhandelsstraße zwischen Regensburg und dem Vogtland über Weiden – Mitterteich – Konnersreuth – Heiligenfurt – Arzberg – Kothigenbibersbach – Dürrlas – Hendelhammer – Selb – Asch mit einer gleich zu nennenden wichtigen Abzweigung. Sie ist die nördliche Fortsetzung der von dem Oberpfälzer Altstraßenforscher A. Dollacker in dem von ihm bearbeiteten Gebiet bis Neustadt a.d. Waldnaab angegebenen „Magdeburger Straße . Ihre Entstehung ist — wenn es sich nicht überhaupt um eine bereits vor dem Aufblühen des Fernhandels vorhandene, weiträumig ausgreifende Nordsüdverbindung handelt – spätestens mit der Befestigungsanlage („Schwedenschanze“) auf dem Dürrlas anzusetzen, also nicht nach dem 12. Jahrh.). Südlich von Arzberg 1642 und noch heute als „Hohe Straße“ bezeichnet, heißt sie zwischen Arzberg und Hendelhammer „Eisenstraße“. Der Verkehr wurde um 1700 weitgehend abgedrosselt; die Strecke Arzberg – Selb ging ganz ein. Eine Abzweigung dieser Straße bei Schwarzteich führte über Thierstein, den alten Sammelplatz des sechsämterischen Landesausschusses in Kriegszeiten, Kaiserhammer – Waldabteilung „Kalte Küche“ – Heidelheim – Spielberg – Vorsuchhütte – Martinlamitz nach Hof. Der dem Fernhandel dienende Charakter dieser Straße wird offenbar, wenn es z. B. in der Egerer Stadtrechnung 1461 heißt: „Gegeben dem Entmann II gr., hett er zu Arczperg verczert, als ihn der Rat mitsandte, als man ettlich Wägen mit hering aufgetrieben hett“. 1571 bezogen die Egerer Tuchmacher etliche Kübel Färberwaid von Erfurt über einen Fuhrmann in Hohenberg. Es ist schade, daß das tieffundierte Egerer Stadtarchiv derzeit keine weiteren einschlägigen Aufschlüsse vermitteln kann.
6. Durch die Flur- und Waldabteilungen „Rennweg“ und „Rennschacht“ am Kohlwald südlich Schirnding ist ein Botenweg markiert, der von Hohenberg, dem beherrschenden „Orthaus“ am Paß von Schirnding, über das abgegangene Forchheim – Kappel – Glasberg nach Waldsassen führte, Rennwege sind bekanntlich Eilbotenwege, die von berittenen Kurieren benützt wurden. Der adelige Hauptmann zu Hohenberg hatte (nach dem Landbuch von 1498) das Geleitrecht des Landesherrn:
1. Von Eger nach Weißenstadt (über Thiersheim – Oberröslau – Franken),
2. von Eger nach Kemnath (durch den Kohlwald),
3. von Eger nach Hof (über Liebenstein – Selb – Rehau),
4.-11. von Wunsiedel nach Bärnau, Eger, Weiden, Kemnath, Hof, Weißenstadt, Adorf, Waldsassen und Tirschenreuth.
Damit werden auch eine ganze Anzahl spätmittelalterlicher Verbindungsstraßen namhaft gemacht.
Bei der Betrachtung der Altstraßensituation von Arzberg ist die sich auch baugeschichtlich dokumentierende Lage an der Süd-Nordstraße besonders augenfällig. Die gleiche Siedlungsanordnung ist übrigens auch bei Kothigenbibersbach zu erkennen. Arzberg schickt sich in der Gegenwart an, mit Röthenbach und Schlottenhof zu einer Einheit zu verschmelzen. Diese enge Verbundenheit der drei Ortschaften möchten wir auch für die älteste Zeit ihres Bestands (in Gestalt einer fränkischen „Tribur“-Anlage?) als vorläufige Hypothese annehmen. Am Arzberger Kirchberg mit seiner schon des öfteren diskutierten Wehranlage bestünde vielleicht die Aussicht, durch entsprechende Untersuchungen das Für oder Wider dieser Vermutung zu bestätigen. Die charakteristische Martinskapelle bei Stemmas bedeutet jedenfalls, daß sich die „Leitlinien fränkischer Oberhoheit“ (Scherzer) bis in die Hochfläche des Fichtelgebirgshufeisens feststellen lassen und daß das Streben Frankens nach der Beherrschung des Nordgaues vor dem Fichtelgebirge nicht haltmachte.
Text: Dr. F. W. Singer, „Sechsämter Land“ Beilage der Sechsämter Neuesten Nachrichten, Jahrgang 8, Nummer 14, 06. Februar 1958