In Eger, dem Verwaltungssitz und Mittelpunkt des alten Egerlandes, trafen viele Wege zusammen. Die frühzeitige wirtschaftliche Bedeutung der Erzlager im Raume von Arzberg – Schirnding – Röthenbach – Kothigenbibersbach – Thiersheim machte außerdem gute Verkehrsverhältnisse nötig. So war es ein verhältnismäßig dichtes Netz alter Straßen, das sich über das Gebiet westlich von Eger ausbreitete. Es handelte sich allerdings kaum um befestigte Straßen im heutigen Sinne, sondern meist um „Erdwege“ und Pfade, Feld- und Waldwege, über die z.T. längst der Pflug des Bauern geht. Einige dieser Straßen können aus vor- und frühgeschichtlichen Wegen hervorgegangen sein. Die wenigen zufälligen Einzelfunde genügen nicht, um ein sicheres Urteil darüber zu fällen.
Eine Erläuterung der bisher im Gelände und im Archiv ermittelten alten Fernwege erfolgt am anschaulichsten an Hand der umstehenden Kartenskizze.
1. Die Geleit-, Post- und Heerstraße aus der Rhein-Main-Gegend über Franken – Thiersheim – Stemmas – Kothigenbibersbach – Rosenbühl (mundartl. Kümmelbüchse) – Schirnding – Mühlbach nach Eger. Von namhaften Forschern wird angenommen, daß es sich um eine frühmittelalterliche Königstraße auf vielleicht vormittelalterlicher Grundlage als Verbindungsweg des frühgeschichtlichen Siedlungsfeldes im Maingebiet mit dem Egerland durch die Röslau-Eger-Senke (Paß von Schirnding) handelt. Ihr älterer Verlauf in unserem Gebiet führte geradliniger, nämlich
2. von Thiersheim über Stemmas – Kothigenbibersbach – Südrand der Staatswaldung bei der Tongrube – Dietersgrün – Raithenbach – Heidholz – Fischern – Rathsam – Pirk – Zettendorf – Spittelberg – Eger. Abschnitte dieser Streckenführung werden bei Stemmas, dann zwischen Kothigenbibersbach und der Tongrube, auch bei Schirnding, jeweils als „Egersteig“, nordöstlich von Kothigenbibersbach als „Bilmesweg“, knapp südlich von Raithenbach als „Judengasse“, zwischen Fischern und Hohenberg als „Hohe Straße“ (1339) und als „verbotene Straße“ (1674) angesprochen. Dieser kürzeste Weg nach Eger, der die Sumpfstrecke am „Blätterberg“ zwischen Kothigenbibersbach und Rosenbühl vermied, durchschnitt die Eisengrubenfelder östlich von Kothigenbibersbach, berührte die schon frühzeitig ausgebeutete Tongrube°’) und ging zwischen Rosenbühl und Dietersgrün durch die Flurabteilung „Flügel“. Das „Russenhölzl“ (älterer Name „Gründl“) und der eine Hochgerichtsgrenze markierende „Galgenberg“ mit der Raithenbacher Ziegelhütte blieben knapp südlich am Weg liegen; der „Hoherainacker“, das „Marteräckerlein“ und die „Rötelgrube“ in der Feldflur des kleinen Dorfs Raithenbach sind die ungefähren Berührungspunkte des weiteren Verlaufs vor dem Uebergang über den Menzlohgraben.
3. Von Marktredwitz über Brand – Seußen – Arzberg – Schlottenhof – Oschwitz – Schirnding nach Eger. Obwohl die Führung dieses Weges im Tal der Kösseine und der Röslau nicht den üblichen Altstraßenregeln entspricht, fällt auf ihn doch ein vorgeschichtliches Licht durch den bronzezeitlichen Sichelfund in der Flurabteilung Gerberhan bei Wölsau. Die 1061 in der Gegend von Pullenreuth bezeugte „via que procedit de Egire“ kann die westliche Verlängerung dieses von Eger herkommenden Weges nach Kemnath sein. Es ist nämlich zu berücksichtigen, daß
4. zwischen dem Marktredwitzer Raum und Eger auch noch eine andere alte Verbindung in Höhenlage durch den Reichsforst und Kohlwald bestand. Gegen Ende des 15. Jahrhunderts wurde der Verkehr auf dieser erheblich kürzeren Höhenstraße verboten. Aber noch 1594 ist in Faszikel 249 des Stadtarchivs Eger die „hoe Straße“ bei Pilmersreuth belegt und noch 1673 heißt sie in der Gegend des Buchbrunnens (im Kohlwald bei der Landesgrenze) die „von Redwitz nach Eger gehende Straße“, welche von Arzberg her eine Zubringerstraße hatte. Sie verlief über Oberkunreuth – Oberpilmersreuth; an ihr lag das schon 1340 als wüst gemeldete Dorf Forchheim und die Regesta boica erwähnen im Jahre 1362 die Strecke „von Reutlins (= Reutlas) bis Vorchheim“. Der weitere Richtungspunkt nach SW war der Ruheberg, der seinen Namen, wie wir annehmen möchten, einer bei der Wegespinne an der „Ochsentränk“ gelegenen Raststation verdankt. Bereits vor einiger Zeit konnte auch auf einen beim dortigen „Burgrangen“ gelegenen, im späten Mittelalter abgegangenen, anonymen Burgstall hingewiesen werden. …
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Text: Dr. F. W. Singer, „Sechsämter Land“ Beilage der Sechsämter Neuesten Nachrichten, Jahrgang 8, Nummer 14, 06. Februar 1958