Über das sogenannte „Kloster“ in Höchstädt

Wie wir in Übereinstimmung mit dem früheren Höchstädter Pfarrer Dr. Maurer annehmen, war Thierstein einst ein heiliger, dem Gott Tyr geweihter Berg. Auch Thiersheim hatte eine solche Verehrungsstätte in heidnischer Zeit. Die Namen der beiden Orte weisen auf den germanischen Gott Tyr hin. Im Zusammenhang mit einem hier vermuteten heidnischen Heiligtum stand auch der sog. Herrgottstein bei Hendelhammer, unseres Wissens der einzige noch, vorhandene Kultstein seiner Art in ganz Süddeutschland. Er hatte entgegen anderen unwissenden Behauptungen ursprünglich Ausbuchtungen für drei menschliche Gestalten. Pfarrer Dr. Maurer äußerte sich, daß auf diesem Stein für drei germanische Hauptgötter geopfert wurde. Erst mit das Jahr 1900 wurden von dem ursprünglich wesentlich größeren Stein die Ausbuchtung von zwei menschlichen Gestalten abgesprengt, so daß man heute nur mehr Vertiefungen sieht, welche zu einer einzigen Gestalt passen.

Wenn es sich mit der Pflege heidnischen Brauches in dem angedeuteten Sinn verhielt, so ist einzusehen, daß der christliche Glaube nicht so leicht Eingang fand. Tatsächlich schrieb noch um das Jahr 1006 der Bischof Heinrich von Würzburg über unsere Gegend in einem Bericht an den Bischof von Halberstadt, daß hier für die christlichen Glaubensboten wenig Frucht zu ernten sei. Aber die geschichtlichen Quellen sind durch lange Jahrhunderte verschüttet und wir sind häufig nur auf Mutmaßungen angewiesen.

Sicheren historischen Boden betreten wir mit dem Jahr 1133, als das Kloster Waldsassen gegründet wurde. Die Waldsassener Mönche verstanden es, sich auch im Innern des Fichtelgebirges gegen Ende des 13. Jahrhunderts Besitz zu verschaffen und längere Zeit zu behaupten, wenngleich eine kolonisatorische Arbeit der „grauen Mönche“ im Fichtelgebirgsinnern nicht nachzuweisen ist. Sie kauften 1288 Göpfersgrün, 1299 ehemals sparneckische Güter in Weißenstadt und in der Umgehung. In Weißenstadt wurde ein Klosterhof angelegt, der noch 1347 bestand. 1306 fielen, dem Kloster auch Güter in Marktleuthen zu und 1316 wurde ihm ein Hof in Schönwald übertragen. Das sind sicher auch nur lückenhafte urkundliche Überlieferungen und so ist anzunehmen, daß um diese Zeit – also im 14. Jahrhundert – die Zisterzienser auch in dem alten Platz Höchstädt Eingang fanden. Nach dem Volksmund hätten sie hier sogar ein „Kloster“ gegründet. Es kann sich aber jedenfalls höchstens um einen Klosterhof, also ein Wirtschaftsgut des Klosters, gehandelt haben, dessen Besitzübergang an Waldsassen nicht urkundlich belegt ist. Die Historiker des Klosters Waldsassen, J. B. Brenner (Geschichte des Klosters und Stiftes Waldsassen, Nürnberg 1837), Dr. H. Muggenthaler (Kolonisation und wirtschaftliche Tätigkeit eines deutschen Zisterzienserklosters im 12. und 13. Jahrhundert, München 1924) und Dr. R. Langhammer (Kloster und Stadt Waldsassen, 1936), wissen keinen Besitztitel für einen Höchstädter Klosterhof nachzuweisen. Vollends ein „Kloster“ in Höchstädt wäre den eifrig über ihren Besitz buchführenden Mönchen nicht entgangen. Wir nehmen also an, daß vielleicht über die in Höchstädt angesessene Ministerialenfamilie der Rorer Grundbesitz an das Kloster Waldsassen gelangte. Albert Rorer, ein Egerer Mitglied der Familie, verkauft z. B. 1319 Besitzteile in der nördlichen Oberpfalz (um Albenreuth) an Waldsassen.

Wenn die Zisterzienser aber schon Besitz hatten in Höchstädt, dann ist es verständlich, daß sie hier auch den Gottesdienst hielten. Als aber um 1438 die Pfarrei Höchstädt gegründet wurde, zog ein Weltgeistlicher ein und kein Zisterzienser las mehr die Messe.

Bemerkenswerterweise hat sich die Erinnerung an diese längstvergangene Zeit noch deutlich erhalten. Noch heute werden die Höchstädter Höfe HsNr. 92 (Alfred Regnet), HsNr. 93 (Hilde Merz), HsNr. 94 (Heinrich Nitter) und l-lsNr. 95 (Kurt Rottner) als Klosterkomplex angesprochen. Die Höfe Nr. 94 und 95 gingen später im Tauschwege an Unterhöchstädt über. Zum „Kloster“ in Höchstädt gehörten einst ca. 140 Tagwerk Grund und Boden; der Rest davon ist der heutige Pfarrgrund. Auch die sog. Hofmühle gehörte ursprünglich zum Kloster, bevor sie an die Herren v. Waldenfels auf Unterhöchstädt gelangte. Die Verstorbenen von der Hofmühle brachte man vor dem Begräbnis erst noch einmal in den früheren Klosterhof. Dieser Brauch hat sich bis heute erhalten.

1528 hielt die lutherische Lehre auch in Höchstädt ihren Einzug. Es kamen evangelische Pfarrer in den Ort. Das alte Pfarrhaus stand noch im Jahre 1710 auf dem einstigen Klosterplatz gegenüber der Kirche. Es kann sich demnach nur im Haus Nr. 92 befunden haben. Erst 1854 wurde das neue Pfarrhaus  an seiner jetzigen Stelle gebaut.

Text: Dr. F. W. Singer, „Sechsämter Land“ Beilage der Sechsämter Neuesten Nachrichten, Jahrgang 13, Nummer 4, 21. April 1962


Dr. Friedrich W. Singer erwies sich als historischer Detektiv. Er arbeitete nicht an einer Schrift, Buch oder Chronik. Er arbeitete an allem was er Interessantes in die Hände bekam, setzte unermüdlich Puzzlestück an Puzzlestück, sortierte es thematisch, archivierte es. Die Beilage „Sechsämter Land“ war ähnlich einem wissenschaftlichem Zwischenbericht oder vielleicht besser ein Tagebuch seines Forscherdranges.

 

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