Die Trinkwasserversorgung der Hohenberger Burg erfolgte im Mittelalter sicherlich über das in Zisternen aufgefangene Regenwasser. In niederschlagsarmen Zeiten konnte der Wasservorrat jedoch schnell verbraucht sein. Auch war es wichtig, im Belagerungsfalle auf ausreichende Wasserreserven zurück greifen zu können.
Man war also fortwährend bestrebt, von dem in steinernen oder gemauerten Behältnissen (Zisternen) zum Sammeln des von den Dächern herabrinnenden Regenwassers loszukommen, zumindest für das Trinkwasser und für den Gebrauch in der Küche.
Daher wurde im tiefer gelegenen Burginnenhof ein Schacht in den felsigen Untergrund abgeteuft, der bis in Wasser führende Schichten hinab reichte. Der Brunnen soll „ so tief sein als der Berg selbst und sein Wasser aus der unten vorbeifließenden Eger schöpfen“ heißt es in einem Augenzeugenbericht von 1850.
Der Bau eines Burgbrunnens war ein jahrelanges Unternehmen und konnte nur von erfahrenen Bergleuten mit entsprechendem Werkzeug durchgeführt werden. Bergleute aus Arzberg übernahmen die gefahrvollen Ausschachtarbeiten.
Der Brunnenbau wird erstmals in einer Rechnung des Vogts zu Hohenberg 1421/22 erwähnt. Da erscheinen 12 gr. Ausgaben für „den bronn gebern“ (Brunnengräber) und für „Stabeisen in den Brun“ und weitere 13 gr. „dem Thubenhensel zum Arczp(er)g … vor ysen in den brön“ und „ 4 gr. vor 1 stabysen in den bron Jorge noh“, ferner weitere 2 gr. Ausgaben „den Bronngrebern czum Arczp(er)g“
Es ist anzunehmen, daß um diese Zeit der Brunnen gegraben wurde. Die Tiefe des Brunnenschachts läßt sich aus einem späteren Ereignis von 1673 herauslesen. Da stürzte, nachdem er schon 14 Tage lang gearbeitet hatte, der von dem Hohenberger Amtsverwalter Johann Adam Christ beauftragte Georg Ebarth (Ebert), ein Arzberger Bergmann „beim Aufziehen aus halber Höhe des Brunnens 20 Klafter (= ca 36 m) ab und fiel in den Sumpf. Georg Ebarth überlebte den Sturz, er wurde von dem Bader Hannß Sim(b)sen Schneider „curiert und geheilt“. Für die vierteljährige Pflege verlangte der Bader 4 ½ Thl. Lohn. Der Brunnen war offenbar verödet und sollte von Dreck befreit und wieder gebrauchsfähig gemacht werden. Demnach betrug die ursprüngliche Gesamttiefe des Brunnens etwa 72 Meter.
Nach der Instantsetzung konnte das Wasser wie vorher mit eichenen Schöpfeimern und einer Kettenwinde (Haspel) hochgezogen werden. Die Brunnenöffnung wurde später mit einer 85 cm hohen, rundum geführten Mauer gesichert und mit einem auf Pfosten stehenden Holzpavillon überdacht.
Im Finanzbericht an die markgräfliche Regierung wies der Wunsiedler Kastner Val(en)tin Hebeysen 1603 u.a. auch darauf hin, „dass der Brunnenquel vnter dem Steinberg, so in das Schloss geführt wird, neben dem Ziehbrunnen, den der nechst (unlängst) verstorbene Ambtmann Fabian von Quaß (ca. 1580-1596) hat eingehen lassen, von neuem hätte gebauet vnd gefasset“ werden müssen. Der Kastner sprach von der „Wieder-Erhebung des eingegangenen Ziehebrunnens im Schloß.“ Im gleichem Jahr heißt es: „Von wegen Feindes vnd Feuers gefahr ist eine notturft, daß der Ziehbrunnen im Schloß wieder geöffnet werde, welcher bey Quasen seeligen Leben ist eingangen.“ Der Nachfolger des genannten Amtmanns in der Person des Albrecht von Haberlandt, hielt es für zweckmäßig, den Ziehbrunnen wieder herzurichten, weil man die um 1588 gelegten hölzernen Rohrleitungen [vom Steinberg herführend] im Belagerungsfall leicht abgraben konnte. An Baukosten finden sich 1603 veranschlagt: 5 fl. zu mauern vnd mit Latten zu belegen, damit das Mistwasser nicht hineingehet, (ferner) 16 fl. Zimmer Arbeit für das Geheuß, Reder (Räder) vnd Welln zu dem Zug“ Das Wasser wurde demnach mit einer Haspel oder Kettenwinde gefördert. Der Brunnen wurde dann wohl längere Zeit benützt. Nach der Domänenrechnung von 1626, in der „2 beschlagene Prunnenaimer mit Ketten“ genannt sind, war der Brunnen regulär in Betrieb. Im Inventar von 1711 finden sich angegeben: „1 Baar Schöpff Aymer von Aychenholz, mit Eysen beschlagen, samt denen Hängeln zum Bronnen, 1 solcher beschlagener Aymer von weichem Holtz, 3 Bronn Ketten“.
In der Baubeschreibung von 1785 wird der Ziehbrunnen nunmehr als unbrauchbar, zugedeckt und bedacht bezeichnet. „Decke und Dach aber ist dermahlen völlig verfault.“ Er wurde also schon um diese Zeit nicht mehr benützt.
Schon früher wurde probiert, mehr über die Brunnentiefe zu erfahren. Da wurde versucht, über die gemessene Fallzeit eines hinab fallenden Steines die Tiefe zu ermitteln. Weiter wurde versucht mit Hilfe eines großen Spiegels und reflektiertem Sonnenlicht das Geheimnis des Brunnenschachts zu lüften.
Ein Schreiben des damaligen Leiters des Sudetendeutschen Sozialwerks auf Burg Hohenberg, Herr Ing. Herbert Schmidt gibt weitere Hinweise. In den Schreiben an Dr. F.W.Singer, Arzberg, vom 21.02.1963 heißt es u.a: „ … Mittlerweile haben wir im vergangenen Sommer [=1962] das Rätsel des Burgbrunnens lösen können. Einer unserer Betreuer ließ sich abseilen und grub, bis er – nach 3 Metern Gestrüpp, morschen Balken und Schwemmerde – am Seil über einem Wasserspiegel hing, den wir dann mit etwa 16 Meter über dem Brunnenboden ausloten konnten. Damit waren unsere Forschungen zu Ende, die Brunnentiefe ist nun mit rund 40 m feststellbar. Das Wasser roch faulig, starker Schwefelgeruch [Schwefelwasserstoff] … Weiter schreibt Herbert Schmidt: „Einige Hölzer des Brunnens lösten sich wahrscheinlich, eingeworfenes Gestrüpp verdichtete den Auffang für die Schwemmerde, von oben, mit dem Unrat. Wir fanden einige Stücke Gewehrmunition, Porzellanscherben, kaum vor 1900, also nichts von Bedeutung … Es müßte nun versucht werden, den Brunnen zu entleeren. Woher kommt das Wasser, ist es die Ader des Sprudels ? [hier meint Herbert Schmidt das Wasser der Carolinenquelle !!] Was ist im Brunnenboden zu suchen, der ja Schüttung sein müßte, wenn der Brunnen bis zur Egersohle gereicht haben sollte … die Motorpumpe der Feuerwehr der Stadt Hohenberg reicht nicht aus, um über die Höhe von etwa 30 m zu fördern. Allenfalls mit Schläuchen, als kommunizierende Röhren zur Eger verlegt, könnte man hoffen, auf den Grund zu kommen …“
2014 ergab eine Gelegenheit, Daten des Brunnens festzustellen. Durch Hinablassen einer Kamera mit Beleuchtung und Messband ließ sich folgendes feststellen:
Die kreisrunde Brunnenöffnung hat einen Durchmesser von 2,00 Meter.
Die radial mit Bruchsteinen gemauerte Brunnenwandung reicht sich bis auf eine Tiefe von 13,34 Meter und sitzt auf ausgehauenen Granitfelsen auf. Der Übergang Mauerwerk auf den Felsen ist deutlich ausmachbar.
In der Tiefe von -16,40 Meter ist eine Höhlung von ca. 50 x 50 cm westseitig in die Felsenwandung gehauen. Weitere Abmessungen sowie Zweck der Öffnung waren aktuell nicht feststellbar.
Der Felsenschacht (noch 2,00 m Durchmesser) reicht bis zu -19.56m und wird dann von einem rechteckigen, nach unten führenden Holzverbau (ca. 80 x 80 cm) eingeengt.
Die mit Unrat bedeckte Wasseroberfläche wird bei -22,14m erreicht.
Ein mehrmals abgesenktes Gewicht sitzt dann bei -30,24m auf, dadurch ergibt sich eine Wasserschicht von 8,10m.
Die festgestellte heutige Tiefe des Brunnenschachts errechnet sich also zu -30,24 Meter.
Ob der Brunnen ursprünglich wesentlich tiefer war, kann nur vermutet werden (siehe vorbeschriebenes Ereignis von 1673) da in Laufe der Jahrhunderte sicherlich durch abgelagerten Schutt und Gestrüpp der Schacht teilweise verfüllt, eventuell auch „zugestöpselt“ wurde.
Text / Fotos: VG Schirnding – hohenberg.info