Bald wird der „Buchbinder Müller“ nur mehr Erinnerung sein. Sprichwörtlich wie beim „Blitz aus heiterem Himmel“ wird es notwendig, das Geschäft aufzugeben.
Lange hat der „Buchbinder Müller“ überdauert. Im Lokalblatt „Sechsämter Neueste Nachrichten“ vom 03.11.1928 wurde berichtet, dass der Gründer „Buchbinder“ Josef Müller das Geschäft 1899 aus bescheidenen Anfängen heraus aufgebaut und nach und nach vergrößert hatte.
Das Sortiment hatte damals aus Kurz-, Weiß- und Wollwaren, Korb-, Spiel- und „Galanteriewaren“ – darunter fallen etwa Tücher, Parfums, Puderdosen, Modeschmuck – bestanden. Und auch schon aus Büchern und Papierwaren.
Als Heike Landgraf das Geschäft vor 35 Jahren übernahm, verstärkte sie insbesondere den Schreibwarenbereich. Die Arzberger wussten, wenn man etwas Spezielleres brauchte, gehst‘d zum „Buchbinder“, der hat’s. Füller-Federn, Zeichenkohle, Parabeln, Millimeter-Papier und tausend Dinge mehr.
Schon Ende der 80iger hatte Heike Landgraf die Lotto-Lizenz erwerben können und seitdem kamen auch viele Lottospieler in den Laden. „Anfangs“, erzählt die Chefin, „mussten wir die Lottoscheine am Freitag-Abend noch nach Marktredwitz fahren, von dort aus wurden sie dann an die Lotto-Zentrale in München weitergebracht. Schnee und Eis wurden zum Zitterspiel; wären die Lottoscheine nicht rechtzeitig in München gewesen, hätte der schönste Sechser nichts gebracht“.
2003 hatte sich „die Post“ entschieden, dass der „Buchbinder“ auch eine Postfiliale werden durfte. Von nun an konnten auch Briefe und Pakete aufgegeben und abgeholt werden.
Die Gedanken kreisen auch um viele Jahre Schulanfang. Mancher wird noch wissen, wie Groß und Klein eng gedrängt im Laden standen und ihre Hefte, Stifte und Bücher besorgten. Heike Landgraf erinnert sich: „G‘rad‘ der Schulanfang – das war’n immer harte Tage, wir Verkäufer hab‘n gekämpft und uns gleichzeitig g‘freut, wenn wir die Kunden schnell bedienen konnten“. Abends dann noch die Schnellbestellungen für die Artikel, die ausgegangen waren und schon am nächsten Tag waren die fehlenden Sachen wieder im Geschäft. „Es war auch für uns schön, wenn wir solche Tage ausgehalten haben“.
Die „Buchbinder“ hoffen, dass es für ihre Kunden einigermaßen angenehm war, in das kleine Lädchen zu kommen; und wenn ein bisserl Zeit war, dann wurden auch ein paar Worte über „das Geschäftliche“ hinaus geredet – die Kunden und Heike Landgraf kannten sich. Und auch ihr Mann Paul freut sich, dass er viele Kunden mit „Du“ ansprechen darf und durfte.
All das rückt jetzt noch weiter in die Vergangenheit zurück; Heike Landgraf muss den „Buchbinder Müller“ aus gesundheitlichen Gründen schließen. Das ist nicht einfach für sie, sie sagt: „Dass ich irgendwann geplant aufhören muss, ja, natürlich, das wusste ich. Dass die Gesundheit mich dazu zwingt, damit habe ich so früh nicht gerechnet“.
Heike Landgraf und ihrem Mann ist es wichtig, ihren Kunden zu sagen: „Ganz, ganz vielen Dank für eure jahrelange Treue – ihr werdet uns fehlen. Einen herzlichen Gruß an euch“.
Die letzte Pflicht im „Buchbinder“-Leben: Noch bis zum 29. April findet der Total-Räumungsverkauf statt. Dann ist Schluss!
Text: Buchbinder Müller, Arzberg