4961 Einträge sind in der Datenbank des „Bayerischen Wörterbuchs“ bei der Bayerische Akademie der Wissenschaften in München beispielsweise für Arzberg erfasst. Über Jahrzehnte wurde über einen speziell ausgewählten Personenkreis mit Fragebögen nach besonderen regionalen Ausdrucksformen gesucht. Natürlich war lokal auch der Arzberger Heimatforscher Dr. Friedrich Wilhelm Singer mit von der Partie und hat gesammeltes Wissen dazu beigesteuert. Mittlerweile ist dieser Sprachschatz auch digitalisiert (https://lexhelfer.bwb.badw.de). Man kann es sowohl im Internet abrufen, als auch mit seinem eigenen Kenntnissen zur Vervollständigung beitragen.
Im Jahr 1960 hat Dr. Singer dieses Thema auch im „Sechsämter Land“ thematisiert und einige Beispiele aus einer damals aktuellen Befragung zum Besten gegeben:
„ … Ende Januar dieses Jahres hat die damit beauftragte „Kommission für Mundartforschung bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften“ nunmehr ihre sechste Wörterliste versandt. Die Umfrage im ganzen Bayernland nach alten Wörtern und Mundartausdrücken wird aber noch weiter gehen. Alle sechs bis zehn Wochen gelangt eine neue Liste mit genau gestellten Fragen an die ehrenamtlichen Mitarbeiter. Was war in der letzten Liste z.B. alles gefragt?
Zunächst einmal waren einige Sätze aus dem Hochdeutschen in die heimische Mundart zu übersetzen: Geh zur Frau hinein! Komm zu mir herein! Geh hinab! Komm herab! Ich bin heraußen. Auf einmal begann es zu regnen. Er schlug ihn, bis er zu bluten begann.
Da kamen also unsere alten Ausdrücke einhin („eichi*) und einher, „oia“ und „oiche“ ins Treffen.
Kennen Sie das Wort „affer, affert“ in der Bedeutung „nachher“? — hieß eine weitere Frage. Wie heißt der getrocknete Augenschleim in Ihrer Mundart? — Wie heißt das Augenlid in Ihrer Mundart? — wollte die Kommission weiter wissen.
Ist Ihnen das Wort „sich arten“ in der Bedeutung „gedeihen“ bekannt? Geben Sie bitte ein Satzbeispiel! Da konnte man sich erinnern, daß man hierzulande noch gar oft auf dem Land hören kann: „Döi Sau artnt“, d.h. macht Art, gedeiht gut.
Kennen Sie das Wort „artlich“ für „seltsam“? Sehr wohl, liebes bayerisches Wörterbuch, ein „arlicher Kerl“ ist bei uns ein komischer Kauz. Unter den insgesamt 60 Fragen erschien uns noch besonders bemerkenswert die Frage 44: Ist Ihnen der Ausdruck „Hahnenbalken“ für „oberer Dachraum im Stadel, über der Tenne“ bekannt? Eine alte Bäuerin auf dem Schacht konnte man noch vor dreißig Jahren reden hören: „Heuer war a gouts Gaoua (= Jahr), die ganzen Hahnabalkn homa nu vul Straouh!“ Das hieß also, daß die Scheune noch bis obenhin voll Stroh gestapelt war. Gerade solche alte Bezeichnungen beim Hausbau und beim Scheunenbau wollen die Herren in München kennenlernen, um auf die Verwandtschaft der bayerischen Stämme Rückschlüsse ziehen zu können, Ist Ihnen „Waagbalken“ in der Bedeutung „Zugholz für Stränge an, der Deichsel“ bekannt? — war weiter gefragt. Da brauchte man nur in unserem „Sechsämter-Duden“ nachzublättern, um die richtige Antwort zu bekommen. Kennen Sie den Ausdruck „balfern“ für „schwätzen“: Nein, gebalfert wird bei uns etwa eine Katze, der man ihre Schmeicheleien in übertriebener Weise erwidert. Weil Faschingszeit im Lande ist, wollte das „Bayerische Wörterbuch“ auch etwas über örtliche Faschingsbräuche erfahren. Da konnte man nur nach München berichten, daß früher in unserer Gegend vermummte Gesellen „umgeigten“, d. h. mit Musikinstrumenten von Haus zu Haus zogen und dafür Gaben einheimsten. Maskierte Personen hießen allgemein „Fosnetsnarrn“. Am Fastnachtsdienstag mußte man früh nüchtern auch etwa eine geräucherte Blutwurst essen, daß einen das ganze Jahr über die Fliegen nicht plagten. Die Bäuerin mußte in der Früh vom Tisch herunter „hupfn“, damit der Flachis gedeihen konnte.
Wäre Ihnen zu dieser letzten beinahe aktuellen Frage mehr eingefallen? … “
Das erste Bayerische Wörterbuch in vier Bänden wurde übrigens Anfang des 19. Jahrhunderts vom Mundartforscher Johann Andreas Schmeller (1785-1852) erstellt, der im nahen Tirschenreuth geboren ist.
Text: Dr. F. W. Singer, „Sechsämter Land“ Beilage der Sechsämter Neuesten Nachrichten, Jahrgang 11, Nummer 3, 27. Februar 1960