Das Egerische Tor in der Arzberger „Wagengasse“

Die Lage des dritten Arzberger Stadttores

Als im Jahre 1888 der Arzberger Magistrat sich auf bezirksamtliche Anforderung zur Frage einer Erweiterung der Egerstraße an ihrer engsten Stelle in der sog. Wagengasse äußern mußte, geschah dies zunächst in ablehnender Weise. Zwar wäre bei Haus-Nr. 170 (stand damals auf dem heute unbebauten Platz zwischen Egerstraße 8 und 10) die Straße nur 3.40 m breit, aber der jetzige, im Vergleich zu früher geringe Verkehr könne die hohen anfallenden Kosten nicht rechtfertigen, hieß es in der Antwort. Zu einer Zeit, „Wo eine Masse Holz-, Kalk- und Eisensteinfuhrwerke tagtäglich die gedachte Straße passierten“, hätte viel eher ein solches Bedürfnis bestanden, lautete das Sitzungsprotokoll des Stadtmagistrats vom 9. August 1888. Damit ist angedeutet, wie die alte „Wagengasse“ zu ihrem Namen kam: Über sie rollten die vom unteren Hammer herauffahrenden, mit Kalk und Eisen beladenen Wagen durch den Ort in das Markgrafentum hinein, denn die „Hammerstraße“ (heutiger Hammerweg) war die einzige Straße vom Hammerwerk, dem Hochofen und den zwei dort betriebenen Kalköfen her. (Die heutige Friedrich-Ebert-Straße wurde erst spät im 19. Jahrhundert angelegt.) Der Verkehr mit dem Egerland ging ebenfalls diesen Weg, daher die Straße bis heute auch die Egerstraße heißt.

Nun sicherten die alten Arzberger Bürger diejenigen Stellen ihres Ortes, wo die Hauptstraßen hereinkamen, durch Torhäuser und zwar vor allem deswegen, um dort den Pflasterzoll erheben zu können, natürlich auch zur Erhöhung der Sicherheit, So stand das „Seußener Tor“ im Westen bei der Einmündung der Straßen von Redwitz und Thiersheim, das „Pfälzer Tor“ im Süden, wo die Straße von Regensburg einfiel und das „Egerische Tor“ in der Wagengasse. Die Lage des westlichen und südlichen Tores ist eindeutig ermittelt … aber wo war der genaue Standort des östlichen?

Im Steuerkataster von 1718 ist unter lfd. Nr. 76 genannt ein „Wohnhaus am Thore der Wagengaß“ im Besitze des Zimmergesellen Adam Lehner. 1696 hatte es die Pfarrerswitwe Anna Rebecca Wiesner inne. Der gleiche Kataster verzeichnete außerdem (als lfd. Nr. 75a im. Nachtrag) „ein neu gebauetes Häußlein außer dem Thor an der Wagengaß“ im Besitze des Bergmanns Johann Georg Wagner. Nach den im Stadtarchiv getroffenen Ermittlungen stand das Haus Nr. 76 vom Jahre 1718 an der Stelle des Hauses Nr. 170 vom Jahre 1888, d. h. also (s. 0.) auf dem heute unbebauten Platz zwischen den jetzigen Häusern Nr. 8 und 10 in der Egerstraße und noch ein Stück in die Straße hinein. Das Haus Nr. 75a von 1718 ist das heutige Anwesen Egerstraße 15. Die Häuser Egerstraße 11 und 13 scheiden in der Beurteilung aus, weil sie anderweitig angesprochen sind. Dort wo in der Wagengasse die Reihe der alten Keller an der Kirchbergseite endigt und das sog. „Wächterbergl“ zum Pulverturm hinaufführt, auf der anderen Seite der Hammerweg abgeht, stand quer über die früher viel engere Straße das Egerische Torhaus. Die Abzweigung des Hammerwegs lag gewiß noch innerhalb des Tors, schon wegen der Pflasterzollerhebung von den nach Eger fahrenden Kalk- und Eisenfuhrwerken.

Nach dem Stadtbrand von 1632 wurde dieses Torhaus als einziges nicht wieder aufgebaut. Zu radikal mögen die von Eger anrückenden Holky‘schen Kroaten gerade an ihm ihre Wut ausgelassen haben, sodaß sich eine Reparatur gar nicht mehr lohnte und ein Neubau erforderlich gewesen wäre. Dazu fehlten aber die Mittel. Der Standort dieses Tores erhielt sich in der Ueberlieferung und vielleicht auch in Gestalt einiger Mauerreste bis Ende des 18. Jahrh. 1797 finden sich nämlich in den Stadtrechnungen Ausgaben „für die alte Mauer beim Egerischen Thor abzutragen. dann neu herzustellen und 16 neue Treppen zu machen“ und „für die Mauer und Staffeln am Oechslerischen Haus (= Egerstraße 6, vgl. „Oechslerbergl“) am Egerischen Thor.“ Auch als das Torschon längst nicht mehr stand, diente es als nähere Lagebezeichnung. Während sich die beiden anderen Torhäuser auf Grund vorhandener Beschreibungen und Zeichnungen ziemlich genau rekonstruieren lassen – sie wurden ja auch erst im 19. Jahrhundert beseitigt – fehlen für das Bauwerk am östlichen Ausfallspunkt unserer alten Stadt jegliche weiteren Anhaltspunkte.

Text: Dr. F. W. Singer, „Sechsämter Land“ Beilage der Sechsämter Neuesten Nachrichten, Jahrgang 5, Nummer 18, 12. März 1955 – Bilder: Arzberger Bilderbuch

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