Die Notthafft und Thierstein

Von Hirschstein (Starý Herštejn) über Wildstein (Vildštejn) ins Fichtelgebirge

Böhmisches Dorf mit Blick auf die Burgruine Hirschstein, Aquarell eines unbekannten englischen Malers, ca. 1854

Die alten Notthafftischen Familienchronisten beginnen den Stammbaum der Familie mit dem Friesenfürsten Radipold, der im Heer Karls des Großen gegen Böhmen zog und so in den Nordgau kam. Die Sage berichtet, daß er dort sein Herz an „eins edlen Ritters Kind“, die wunderschöne Else verlor. Er entführte sie aus dem elterlichen Schloß, verlor sie aber im Wald und irrte, nach ihr suchend, längere Zeit umher. Zwischenzeitlich hatte die schwangere Else drei Kinder geboren, die von einer Hirschkuh gesäugt wurden. Auf der Jagd traf er prompt auf dieses Tier, das ihn zu seiner geliebten Else und ihren drei Knaben brachte. Den Berg, wo Radipold Elsa mit den Kindern fand, nannten seine Ritter den Elsenberg, auf welchem Radipold das Schloß Hirschstein erbaute; durch seine drei Söhne aber sei er der Ahnherr der Familien Hirnheim, Nothaft und Warter geworden. 

Nordansicht der Burg Wildstein aus Böhmens Burgen, Vesten und Bergschlösser von Franz Alexander Heber, 1846

Der Name des heute tschechisch Skalná genannten Ortes Wildstein taucht erstmals in einem in die Zeit um 1224 zu datierenden Verzeichnis der durch Herzog Leopold VI. von Österreich dem Kloster Waldsassen geschenkten Einkünfte auf. Diese mussten durch das Kloster erst aus dem Besitz Dritter erworben werden. Darunter befand sich auch ein sechs Talente ertragender Zehnt in Tirschenreuth, Großklenau und Swaichoven, der um 69 Mark aus den Händen eines Geroldi de Wiltstein gelöst wurde. Da sich in der Familiengeschichte der Notthafft kein Spross mit dem Namen Gerold nachweisen lässt, tritt das Geschlecht erst ein Jahr später, am 25. April 1225 mit einem als Urkundenzeugen auftretenden Albertus Nothaft de Wiltstein in Beziehung zu seiner Stammburg.

Grundriß und Ansichten aus J. Th. B. Helfrechts Ruinenbuch, 1795

Der Name Thierstein ist erstmals am 20. März 1340 in einer von Albrecht der Nothaft von Tirstein ausgestellten Urkunde im Kreisarchiv Eger (Cheb) nachgewiesen. Drei Jahre später, am 16. Juli 1343, belehnte Kaiser Ludwig der Bayer Albrecht Nothaft mit der von diesem „auf des Reichß Perg und Poden“ errichteten Burg Thierstein. Am Ende des 14. Jahrhunderts verkaufte die Familie Notthafft die Herrschaft Thierstein, zu der auch die Märkte Thiersheim und Marktleuthen sowie eine Reihe von Dörfern in der Umgebung gehörten, an den Markgrafen Wilhelm I. von Meißen. Von dessen Erben gelangte die Burg mit ihrem Herrschaftsgebiet 1415 an die Burggrafen von Nürnberg aus dem Hause Hohenzollern. Diese besetzten die Burg mit Amtleuten, zu denen unter anderen Oswalt von Truhendingen gehörte. 1603 befahl Markgraf Georg Friedrich von Brandenburg die Auflassung der Burg und den Bau eines neuen Amtshauses außerhalb des Ortes Thierstein. Die Burg wurde dem Verfall preisgegeben.Der Markt Thierstein wurde als Burgsiedlung gegründet. Ähnlich wie in Hohenberg an der Eger, wo die markgräfliche Regierung noch 1499 durch die Gewährung von allerlei Freiheiten bestrebt war, „das daselbst vor dem Sloss mehr Mannschaft gemacht würde“, werden auch die Nothafft ihre Burgsiedlung mit allerlei Rechten und Freiheiten ausgestattet haben, um Handwerker und andere Siedlungswillige anzulocken. Dass die Nothafft durchaus in der Lage waren, Privilegien für die in ihrem Besitz befindlichen Orte zu erteilen, beweist eine Urkunde vom 10. Mai 1399, in der Markgraf Wilhelm I. von Meißen den Bürgern zu Thiersheim die Freiheiten, Rechte und Gewohnheiten bestätigte, die sie „vorher von dem Ehrbaren Peter Nothaft gehabt haben“. Für das 15. Jahrhundert ist für Thierstein eine magistratische Verfassung mit eigenem Ratssiegel nachgewiesen. 

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