Dass bei nahezu jeder Kirche in Bayern alljährlich wohl auch ein Kirchweihfest gefeiert wird, ist eine altbekannte Tatsache. Umso mehr gilt dies für die traditionsreiche Kapplkirche bei Waldsassen, wo sich seit langen Zeiten gleich zwei Feste eingeführt haben, nämlich das sogenannte kleine Kapplfest an Christi Himmelfahrt – heuer war das am 25. Mai – und das große, eigentliche Kapplfest eben am Dreifaltigkeitssonntag, dem 11. Juni 2017.
Beim kleinen Kapplfest tritt übrigens in der Kappl auch heute noch ein Brauch in Erscheinung, wie er in Bayern ganz rar geworden ist, indem hierbei nämlich eine kleine, geschnitzte Christusfigur in den Kirchenhimmel emporschwebt bzw. aufgezogen wird und die Himmelfahrt Christi den Gläubigen damit – wie einst in der Barockzeit – realistisch nahe gebracht wird.
Das Hochfest der Kappl bildet und bleibt aber das eigentliche Kapplfest am Sonntag nach Pfingsten. „Seit dem Jahre 1655 sei die Waldsassische Prozession biß hieher niemahl ausgeblieben, sondern man seye allzeit gewohnt, an dem Feste der allerheiligsten Dreyfaltigkeit alldahin zu wallfahrten…“, notierte man 1733 ins Pfarrbuch. Als nämlich nach dem 30-jährigen Krieg (1618 – 1648) allmählich wieder Ruhe und Frieden im Lande einkehren konnten, lebten auch die herkömmliche Volksfrömmigkeit und die beliebten Wallfahrten wieder auf. 1664 werden beim Kapplfest schon Krämer aktenkundig, die mit Wägen anrückten, bei der Kappl ihre „Crämerständ“ aufschlugen, kochten, schänkten und von denen auch eine kleine Abgabe als „Standgeld“ erhoben wurde. In der Zeit von Barock und Rokoko stieg die Beliebtheit der Kappl und ihrer Feste. So reichte der Platz um die Dreifaltigkeitskirche alsbald nicht mehr aus. 1678 sah man sich daher genötigt, von Andreas Männer, dem damaligen Inhaber des Kappl-Gütls „ein Stücklein Wiesen anzukaufen, zur Erweiterung des Gotteshauses und damit die Wallfahrer, Krämer, Köch, Bierschänker und andere Leut‘ auf solchem Platz sich aufhalten mögen“.
Und als dann ab 1685 – 1690 die heutige Kapplkirche neu erstanden war, gewann sie noch mehr Freunde und Verehrer und wurden die Kirchenfeste nun in großer barocker Pracht gefeiert. Obwohl sich später die Zeiten – im Laufe des 19. Jahrhunderts – grundlegend verändert haben, stieg das Kapplfest um 1910 gar zu einem Volksfest der Stiftländer auf! So notierte die Grenz-Zeitung im Juni 1910: „Das Kapplfest am Dreifaltigkeits-Sonntag war, begünstigt vom schönsten Wetter, heuer ausnehmend stark besucht. Zahlreich waren die Wallfahrer, besonders aus dem nahen Böhmen erschienen. Zu vielen Hunderten lagerten die Ausflügler im nahen Walde und bei der Kirche und labten sich an gutem Bier und Bratwürstln. Ein reges Leben herrschte bis in die späten Nachmittagsstunden …“. Damit wird deutlich, dass nach den Gottesdiensten sogleich der „weltliche“ Teil des Festes folgte und sich dabei ein buntes Treiben entwickelte.
Die großen Umbrüche im Laufe des 20. Jahrhunderts blieben freilich auch das Kapplfest nicht ohne Auswirkungen. Dabei gab es Rückschläge und Aufbruchzeiten, letztere vor allem Anfang der 1920-er Jahre und in den 1950-er Jahren. Und als beim Kapplfest 1960 gleichzeitig auch der damalige Renovierungs-Abschluss gewürdigt wurde, konnten die Kirche die vielen Besucher und der Vorplatz die zahllosen PKW’s und Motorräder kaum fassen. Es waren in der Tat Massen herbei geströmt, um ein Fest des Glaubens und einen genussreichen Festtag zu feiern. Wenn sich auch seither wieder ein spürbarer gesellschaftlicher Wandel vollzog, so hat sich das kleine und das große Kapplfest doch seine Beliebtheit und Anziehungskraft im gläubigen Volk bis heute einigermaßen erhalten können.
Text: Robert Treml / Bild: Anton Hölzl, 1857 – 1938