„Endlich wieder Fassbier!“ – Eine verdiente Belohnung für‘s gemeinsame Anpacken

Das Überleben eines Vereins in einer Krisensituation

Not macht erfinderisch – sagt der Volksmund. Gerade die Sportvereine mit eigenen Gaststätten hat die Corona-Krise kalt erwischt. Neuneinhalb Wochen Zwangsschließung des Vereinsheims, keinerlei Sportbetrieb und damit keine Einnahmen mehr – die für die Vereinsarbeit so wichtigen Finanzierungsquellen entfallen von jetzt auf gleich, aber die Ausgaben bleiben bestehen. Unterstützung von oben – Fehlanzeige!

In dieser misslichen Lage befand sich zum Beginn des Corona-Lockdowns auch der ATV Höchstädt. Die laufenden Kosten für das 2005 neu gebaute Vereinsheim auf dem Schlosshügel liegen monatlich im vierstelligen Bereich. Und auch wenn die Energiekosten durch den ausfallenden Sportbetrieb sanken, waren dennoch welche da. Denn der 360-Mitglieder-Verein unterhält ein großes Sportheim, eine Turnhalle und verfügt über mehrere Hektar Liegenschaften, die gepflegt werden wollen.

„Wir haben unsere Mitglieder ganz neutral über den Stand der Dinge informiert“, schildert Vorsitzender Martin Schikora den Beginn der Beschränkungen. Die Folge: Fast 4000 Euro spendeten die Mitglieder ohne eine konkrete Aufforderung. 25 Euro der eine, 100 Euro der andere. Aus den Socken haute die Verantwortlichen die 1000-Euro-Spende eines weiter weg wohnenden Mitglieds. „Da dachte unser Kassier zunächst an einen Tippfehler, aber das Mitglied wollte das so.“ Dieses große Spendenaufkommen gab der Vorstandschaft Sicherheit.

„Wir sind dann hergegangen und haben überlegt, wo wir Kosten einsparen und welche Einnahmen dennoch generiert werden können“, schildert Schikora. Alles nicht Notwendige wurde gereinigt und abgeschaltet. Der Kabinentrakt wurde gesperrt. Die Sportplatzpflege heruntergefahren. Überragend war die Reaktion der Dorfgemeinschaft und vieler Auswärtiger auf die neuen Angebote. Gemeinsam mit Karim Kinadeter, dem örtlichen Werbetechniker und Kickbox-Trainer des Vereins, und Platzwart Wolfgang Melzer hatte man in einer Nacht-und-Nebel-Aktion einen Fensterverkauf eingerichtet. Am ersten Burger-Wochenende überrannten die Abholkunden den Schlosshügel.

Dadurch ermutigt installierten die Vereinsmeier auch einen Currywurstverkauf und eine Pizzabäckerei – mit dem gleichen durchschlagenden Erfolg. „Das Verkaufsfenster bekam mehr und mehr Kultstatus.“ Bei einem Flaschenbier in begrenzter Runde und natürlich mit dem gebotenen Abstand kam dann das Thema Sportplatzpflege auf. Der Trainingsplatz hatte eine Sanierung bitter nötig und wann, wenn nicht jetzt, wäre der ideale Zeitpunkt dafür. Den Fußballern war ja verboten, zu trainieren. Der Platz hätte die notwendige Ruhe, um sich zu erholen.

Dennoch mahnte der Vereinskassier, man könne ja schlecht von Spenden großzügiger Mitglieder gerade so überleben und andererseits mehrere Hundert Euro in die Platzpflege eines Übungsplatzes stecken. Gemeinsam mit den Fußballern wurde aber auch hier eine Lösung gefunden: Die jungen Höchstädter Kicker verkauften Bierkisten für einen symbolischen Preis, der eine Spende beinhaltete. „Das Bier wurde von der Mannschaft frei Haus geliefert und es wurde nicht nur von Mitgliedern gekauft.“ Das Resultat: Das für die Sanierung notwendige Geld kam zusammen.

Und auch, als sich Lockerungen anbahnten, langten die Schlosshügler wieder zusammen. „Den Biergarten haben wir bestimmt fünf Mal umgeräumt. Die Gaststätte selbst auch mindestens drei Mal.“ Doch hatte man inzwischen die Sicherheit gewonnen, „dass es schon irgendwie weiter geht und dann waren wir einfach nur kreativ“, schildert Schikora. „Wir haben Corona und alle Vorschriften angenommen und nur noch geschaut, wie wir das Beste aus der jeweiligen Situation machen können.“

Groß war letztlich nach neuneinhalb Wochen Schließung die Freude, als zunächst der Biergarten auf der Panoramaterrasse und anschließend das Vereinsheim wieder öffnen durften. „Das erste Fassbier war etwas ganz Besonderes.“ Dass man jetzt mit gebotenem Abstand sitzt oder in Einbahnstraßen und mit Masken auf die Toilette gehen muss – alles erträglich. Der Verein hat eine weitere Krise in seiner 110-jährigen durchaus wechselvollen Geschichte gemeistert. Neu sind die Hinweisschilder am Brückenradweg oder die Ruhebänke auf der Streuobstwiese. Bleiben werden der Fensterverkauf am Dienstag oder alle zwei Wochen das Pizzabacken. Auch der Mittagstisch, den das Wirtschaftsteam immer am ersten Sonntag des Monats und ausgewählten Feiertagen anbietet, oder der Kaffeeklatsch an jedem zweiten und vierten Sonntag werden bleiben. Auch zur Abholung. „Denn es will noch nicht jeder in der Gaststätte sitzen.“

„Da haben sich jetzt ein paar neue Sachen eingespielt, das soll auch während und nach Corona so bleiben“, sagt Schikora und blickt von der Panoramaterrasse hinunter auf die beiden Rasenplätze, wo endlich wieder Fußballer trainieren dürfen.

Text / Fotos: Martin Schikora, Höchstädt

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